Meine Rede zum Antrag der Linksfraktion "Unser Land braucht seine Zeitungen - Tarifflucht und Arbeitsplatzabbau stoppen!"

Eva-Maria Kröger

DIE LINKE: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte

 

Mitglieder des Landtages! Ich darf Ihnen heute in meiner Aufgabe als frisch gebackene medienpolitische Sprecherin meiner Fraktionmitteilen,(Susann Wippermann, SPD: Herzlichen Glückwunsch!)

 

warum sich fatale Folgen ergeben, wenn Qualitätsjournalismus durch Arbeitsplatzabbau, Arbeitsverdichtung und Tarifflucht ausgehebelt wird. Ich würde also gern die Auswirkungen auf die Medien hier im Land ein bisschen beleuchten.

 

(Torsten Renz,CDU: Wer war der Vorgänger?)

 

Das müssten Sie doch deutlich besser wissen als ich, Herr Renz, Sie sitzen seit gefühlt hundertJahren im Landtag.

 

(Heiterkeit bei Susann Wippermann, SPD -Heiterkeit bei Ralf Mucha, SPD: Oh, da haben Sie sich aber gut gehalten! -Zuruf von Torsten Renz, CDU)

 

Muss ich Sie daran erinnern?Also bitte, das ist ja traurig!Jetzt bin ich das. Beschäftigen Sie sich mit mir!

"Unser Land braucht seine Zeitungen - Tarifflucht und Arbeitsplatzabbau stoppen!"

DIE LINKE: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte

Mitglieder des Landtages! Ich darf Ihnen heute in meiner Aufgabe als frisch gebackene medienpolitische Sprecherin meiner Fraktionmitteilen,

(Susann Wippermann, SPD: Herzlichen Glückwunsch!)

warum sich fatale Folgen ergeben, wenn Qualitätsjournalismus durch Arbeitsplatzabbau, Arbeitsverdichtung und Tarifflucht ausgehebelt wird. Ich würde also gern die Auswirkungen auf die Medien hier im Land ein bisschen beleuchten.

(Torsten Renz,CDU: Wer war der Vorgänger?)

Das müssten Sie doch deutlich besser wissen als ich, Herr Renz, Sie sitzen seit gefühlt hundertJahren im Landtag.

(Heiterkeit bei Susann Wippermann, SPD -Heiterkeit bei Ralf Mucha, SPD: Oh, da haben Sie sich aber gut gehalten! -Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Muss ich Sie daran erinnern?Also bitte, das ist ja traurig!Jetzt bin ich das. Beschäftigen Sie sich mit mir!

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Das ist auch vernünftig. Gleich zu Beginn meiner Rede muss ich leider feststellen, dass die Medienpolitik der Landesregierung als gescheitert abgestempelt werden muss, weil Sie sie nicht nur stiefmütterlich behandeln, sonderngeradezu ausgeblendet haben.Eine entsprechende Passage aus demKoalitionsvertrag, nicht dem jetzigen, sondern dem letzten, möchte ich noch mal zitieren: "Die Koalitionspartner streben eine Überarbeitung des Landespressegesetzes an."

(Peter Ritter, DIE LINLKE: Nischt!)"Dabei soll die Einführung eines Redaktionsstatuts geprüft werden"...(Peter Ritter,DIE LINKE: Nix!)

Danke, Peter.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das weiß er doch. Das weiß der medienpolitische Sprecher der CDU-Fraktion. -Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD)

... „

und die Verpflichtung für die Eigentümer festgeschrieben werden, in allen Medienbereichen im Impressum erkennbar zu sein." Nichts ist passiert, meine Damen und Herren. Das ist eine traurige Feststellung.Im Gegenteil, die Rahmenbedingungen unserer Medienlandschaft sind schlechter geworden. Lieber Herr Schulte, da hat mir natürlich Ihre Relativierung vorhin nicht gefallen,und unser Engagement als SPD-Bashingabzutun,greift an der Stelle auch deutlich zu kurz.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE -Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Ja, es gibt Tarifflucht, gar keine Frage, die gibt es überall. Ja, es gibt Arbeitsverdichtungen, die gibt es auch überall, aber diese Verallgemeinerungen und Übertragungen auf andere Bereiche schützenSie eben nicht davor,sich mit diesem ganz konkreten Problem auseinandersetzen zu müssen.

(Jochen Schulte, SPD: Ich habe Ihnen doch nurvorgeworfen, Frau Kröger, dass Sie sich nur mit einem Verlag beschäftigen. -Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und gerade Sie, Herr Schulte, und wir als Politikerinnen und Politiker wissen doch ganz genau und erfahren es oft genug am eigenen Leibe selbst, was es bedeutet, wenn Redaktionen unter enormer Arbeitsverdichtung leiden, wenn zu wenig Zeit für die Recherche oder für die Nachbereitung vorhanden ist.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Wie oft hören wir uns gegenseitig nach der Lektüre von Artikeln hier im Landtag gegenseitig jammern und Sätze sagen wie: Warum haben die mich nicht nochmal angerufen? Warum waren sie nicht dabei? Hätten sie sich die und die Unterlagen doch bloß noch mal angeguckt!Auch an dieser Stelle wissen wir hier im Landtag ganz genau, wie direkt sich guter oder schlechter Journalismus auswirken kann.

Vor allem -und das ist noch viel wichtiger aus meiner Sicht -wissen wir als Demokratinnen und Demokraten genau, wie elementar gute Rahmenbedingungen für die Rolle der Medien in einer starken und gesunden Demokratie sind. Die Zeitungen beeinflussen Meinungen, sie stehen für Beteiligungen, sie stehen für das Recht auf Information, Inklusion, politische Bildung und vieles mehr. Kränkeln unsere Zeitungen, schwächt das die Meinungsbildung,und das ist schlecht für die Demokratie.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKEund Torsten Renz, CDU)

Auch ein wichtiges Thema: Hierzulande legen wir großen Wert auf die unabhängige Presse, Gott sei Dankgeschützt von der Verfassung. Wir loben die Presse-und die Meinungsfreiheit, immer wieder sagen wir, wie stolz wir auf die Medienlandschaft in Deutschland sind. Sicherlich, mit Blick auf Mecklenburg-Vorpommern könnte diese Landschaft durchaus deutlich vielfältiger sein, doch wenn der Demokratie eine starke und gesunde Medienlandschaft so wichtig ist, dann frage ich mich, warum sie tatenlos zuschaut.Journalistinnen und Journalisten sollten eigentlich frei von wirtschaftlichen Zwängen und Vorgaben ihrer Arbeit nachgehen können.

Die Initiative "Unser Land braucht seine Zeitung" fordert seit Jahren die Stärkung der inneren Pressefreiheit und bedauerlicherweise ist diese Forderunginzwischen überholt, denn die innere Pressefreiheit muss nicht mehr nur noch gestärkt, sondern sie muss wiederbelebt werden. Die Vollredaktionen sterben, Freiräume gibt es kaum noch in der Redaktion, die Bundespolitik wird an diesem Fallbeispiel ja schon aus Hannover dominiert, dabei sind die Eingriffsmöglichkeiten der hier arbeitenden Redakteure extrem eingeschränkt. Und selbst wenn sie noch einschreiten dürften, selbst wenn sie noch eine Meinung haben dürften, könnten sie es gar nicht mehr, weil inzwischen das Personal fehlt.

Aus unserer Sicht ist es zwingend notwendig, dass die Redaktion vor Ort wieder Einfluss nehmen kann. Der Aderlass hat die Freiheit der Diskussion in den Redaktionen abgeschafft, Selbstbestimmung wird zum Fremdwort.Wir brauchen -und das ist unser konkreter Vorschlag an Sie, den Sie hoffentlich konstruktiv und offen aufnehmen-, wie das hier vorhin durchklang, endlich eine analytische Diskussion über die Rolle unserer Medien:

Was können sie noch leisten? Was sollten sie leisten können, gern wissenschaftlich begleitet?Bitte führen Sie diese Diskussion im Land!Wenn Sie nicht selbst damit beginnen, muss ich Ihnen leider ankündigen, Sie solange damit zu nerven, bis Sie damit anfangen.

(Marc Reinhardt, CDU: Sie nerven!)

Sehr geehrte Damen und Herren, der enorme Zeitdruck am Arbeitsplatz macht es den Redakteuren zunehmend schwer.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Das ist doch ihr Job!)

Aufgaben wurden ausgegliedert, auch darunter hat die Qualität gelitten. Arbeitsstunden werden runtergeschraubt, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Altersteilzeit geschickt. Mein Kollege Henning Foerster wies bereits darauf hin.Jede Redakteurin, jeder Redakteur muss im Schnitt eine Seite und mehr pro Tag im lokalen Bereich füllen und es ist nureine Frage der Zeit, wannkleine Lokalredaktionen geschlossen werden, weil sie nicht mehr in der Lage sind, irgendwelche Zielzahlen zu erfüllen.

Dabei ist gerade dort vor Ort, in der Flächeeine Zeitung wichtig. Unser ehemaliger Ministerpräsident Erwin Sellering hatte in seinem Grußwort auf dem Neujahrsempfang der "Ostsee-Zeitung"2016 noch für konstruktive Lösungen geworben und die große Chance der Regionalpresse für die demokratische Gesellschaft hervorgehoben. Sie müsse erhalten, so sagte er sinngemäß, und vor Ort präsent bleiben. Was ist aus diesen Worten geworden? Stattdessensorgen die Madsack-Mediengruppeund auch andere, Herr Schulte, dafür, dass Information trotz Millionengewinnen zum Luxusgut wird.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass sich auch bei der "Ostsee-Zeitung"inzwischen erhebliche Nachwuchsprobleme einschleichen. Es ist schwierig, unter solchen BedingungenFachkräfte zu halten.Schon jetzt können deshalb Bereiche des öffentlichen Lebens gar nicht mehr abgedeckt werden, weil Leute fehlen und man zu schlechten Konditionen auch kein ausreichend qualifiziertes Personal anlockt. Die Zahl der Bewerbungen hat massiv abgenommen, der Ruf des Journalisten hat schon gelitten.

Sehr geehrte Damen und Herren, insbesondere die Kolleginnen undKollegen der SPD, sofern Ihnen freie, unabhängige und vielfältige Medien wichtig sind, handeln und diskutieren Sie weiter!EinBetrieb, deren größter Gesellschafter die SPD-Medienholding ist, muss Vorbild sein. "Madsack 2018", so heißt das Programm.Das bedeutet Zentralisierung, es bedeutet Fremdbestimmung, immer unter dem Druck der Konsolidierung,und so stirbt die Pressevielfalt. Herr Waldmüller, Sie haben über einen Vorschlag gesprochen, der einst, soweit ich das nachlesen konnte, zumindest von Herrn Kokert geäußert worden ist, auch über andere Finanzierungsquellen zu sprechen. Ich würde mir wünschen, dass wir diesen Faden trotzdem noch mal aufnehmen und dieses Engagement nicht versandet. Wir möchten die Ziele der Initiative

"Unser Land braucht seine Zeitung" umsetzen, wir nehmen das Hausaufgabenheft ernst, wir möchten Mecklenburg-Vorpommern als Medienstandort wieder neu aufstellen.Transparenz über Besitz-und Beteiligungsverhältnisse in den Verlagen ist uns wichtig.Ein demokratisches Mitbestimmungsrecht der Journalistinnen und Journalisten muss gestärkt und auch die Novellierung des Landespressegesetzes muss angegangen werden, gernmit Ihnen gemeinsam.

-Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)